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Banken-Stresstest ist kein Anlass zur Entwarnung
Statement von Bernd Riexinger, Parteivorsitzender der LINKEN, auf der Pressekonferenz am 27. Oktober 2014 im Berliner Karl-Liebknecht-Haus
Guten Tag, zunächst möchte ich auf den Banken-Stresstest eingehen, dessen Ergebnisse am Wochenende bekannt wurden. Diejenigen die jetzt schon nach Entwarnung rufen, sind, so glaube ich, schlecht beraten. In der Tat hatte der Stresstest bewiesen, dass insbesondere die Banken in den Krisenländern den Test zum Teil nicht bestanden haben. Das verwundert nicht, schließlich hat die Politik von Angela Merkel dazu geführt, dass in diesen Ländern die Wirtschaft nicht besonders gut dasteht und dort eine Politik gemacht wird, die diese Länder - und damit auch das Finanzsystem dieser Länder - in die Krise bringen musste. Aber davon zu reden, dass die deutschen Banken außen vor sind, ist unter den Bedingungen einer Währungsunion und einer faktischen Bankenunion eine völlige Illusion. Vielmehr kann man davon reden, dass wir hier alle in einem Boot sitzen: Sobald Krisenprozesse irgendwo anfangen, werden sie alle Banken erreichen, weil diese so miteinander wirtschaftlich verbunden sind, dass das in der Tat krisenauslösende Prozesse sind. Wir sind nicht die Einzigen, die davor warnen, dass sich gerade wieder eine Spekulationsblase im gesamten Euroraum aufbaut.
Zum ersten Mal haben auch die Banken in Deutschland mehr Geldeinlagen als Kreditvergabe, was darauf hindeutet, dass insbesondere die Wirtschaft im Währungsraum, im Eurowährungsraum, nicht auf die Füße kommt. Die Banken werden in der Zukunft insbesondere darunter leiden, dass nicht das Kreditangebot das Problem ist, sondern die Kreditnachfrage. Und wenn man das ändern will, dann muss die Wirtschaft im Euroraum wieder auf die Füße kommen. Das muss aber ein Ende der Sparpolitik bedeuten, das muss bedeuten, dass wir ein großes Zukunftsinvestitionsprogramm für den ganzen europäischen Raum brauchen und das muss bedeuten, dass Europa insgesamt wieder auf einen wirtschaftlichen Wachstumspfad zurückkommt. Das Nichttätigsein der Regierung in wirtschaftspolitischen Fragen, gerade in Deutschland, ist im besonderen Maße schädlich, weil damit auch die deutsche Wirtschaft als Konjunkturlokomotive ausfällt.
Zu einem zweiten Thema, den Neonazi-Hooligan-Krawallen von Köln. Wir haben am Wochenende in Deutschland den größten gewalttätigen Aufmarsch der letzten Jahre erlebt. Es war von Anfang an klar, dass dies eine Demonstration von Rechtsradikalen und Neonazis sein wird. Der Titel "Wir demonstrieren gegen die Salafisten" war von Anfang an ein Trugschluss. Es ging immer gegen Ausländer und es ging darum gegen die Polizei vorzugehen, wenn keine ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger greifbar sind. Ich habe schon geäußert und bleibe auch dabei, dass ich kein Verständnis dafür habe, dass diese Demonstration überhaupt genehmigt wurde, obwohl von Anfang an der ausländerfeindliche, der neofaschistische Charakter und der gewalttätige, Charakter dieser Demonstration klar waren. So war es auch nicht verwunderlich, dass die Polizei schlecht vorbereitet war. Man kann sogar von einem Staatsversagen reden. Ich glaube, der Innenminister von NRW, Herr Jäger, ist noch Rechenschaft über diesen Vorgang schuldig. Er muss erklären, was da eigentlich passiert ist.
Zu einem dritten Thema: Am Wochenende gab es in Thüringen die Landesparteitage der SPD und der LINKEN. Auch die Grünen haben sich einstimmig für Rot- Rot- Grün in Thüringen ausgesprochen. Der Zug zur Fahrt in die Rot-Rot-Grüne-Koalition ist, so glaube ich, nicht mehr zu unterbrechen. Er hat Fahrt aufgenommen und es wird am Ende eine rot-rot-grüne Regierung unter einem Ministerpräsidenten Ramelow herauskommen. Mich hat sehr gefreut, in welcher Geschlossenheit alle Parteien diese Vorentscheidung gefällt haben. Ich bin auch überzeugt, dass die SPD-Mitglieder beim Mitgliederentscheid mehrheitlich der Empfehlung ihres Landesvorstandes folgen werden.
Ich glaube, dass von Thüringen, wenn es ein Erfolgsmodell wird, durchaus Ausstrahlung auch für die Bundespolitik ausgehen kann. Schon heute zeigt sich, dass wir in drei Punkten einen Politikwechsel haben werden, wenn alles so kommt wie ich das voraussagen will. Wir werden ein sozialeres Thüringen bekommen, also einen Politikwechsel in Richtung soziale Gerechtigkeit. Wir werden mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung bekommen. Wir werden einen anderen Umgang mit den Koalitionspartnern erleben als es die CDU bisher gepflegt hat.
Ich glaube, dass die künftige Regierung in Thüringen auch im Umgang mit den Koalitionspartnern für einen neuen Politikstil stehen wird, der Ausstrahlung weit über Thüringen hinaus bekommen hat. Dass einige CDU-Politiker jetzt den Teufel an die Wand malen, die Vergangenheit beschwören und den Untergang Thüringens herbeireden, darf nicht weiter verwundern. Sie sind daran seit 24 Jahren gewöhnt, dass sie Staatspartei sind. Die Demokratie lebt aber vom Wechsel. Die CDU soll sich bitte darauf einstellen, eine vernünftige Oppositionspolitik zu machen. Daran muss sie sich sicher gewöhnen. Sie ist als Thüringenpartei angetreten. Sie neigt aber gerade dazu, eine Anti-Thüringenpartei zu werden.
Ein letzter Punkt: die Wahlen in Brasilien und der Ukraine. In Brasilien konnte Dilma Rousseff das Präsidentenamt verteidigen. Es freut uns sehr, dass die Linke dort weiterhin das Präsidentenamt stellt und ihre Politik fortsetzen kann, es keinen Rechtsruck gegeben hat. Wir gratulieren ihr zur Wahl.
Das Wahlergebnis in der Ukraine steht noch nicht hundertprozentig fest. Wir hoffen sehr, dass die Stärkung des Poroschenko-Lagers dazu genutzt wird, Frieden im Ostteil des Landes herzustellen. Ich glaube, jede Neigung jetzt durch dieses Wahlergebnis den Konflikt weiter zu verschärfen, wäre der falsche Weg. Es müssen jetzt Angebote gemacht werden, das Land tatsächlich zu befrieden und zu einigen. Es wird da nicht ganz so einfach sein, weil auch einige Falken gestärkt wurden, und immerhin zwei rechte Parteien mit zirka 13 Prozent in das Parlament gewählt wurden. Man kann nur hoffen, dass ihre Stimmen nicht ausschlaggebend für die Politik in der Ukraine sein werden, wenn das Land befriedet werden soll.