Interviews, Länderberichte und andere Texte
Die Krise und der Europäische Süden: Die Antwort der Europäischen Linken
Erklärung einer internationalen Zusammenkunft der Europäischen Linken in Athen, Griechenland
Die Europäische Linke unterstützt den Kampf der Werktätigen und der Bürgerinnen und Bürger Griechenlands und der anderen Ländern des europäischen Südens für die Verteidigung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Rechte, die von den Finanzmärkten und der neoliberalen, autoritären Politik der Regierungen und der EU angegriffen werden. Die griechischen, portugiesischen und spanischen Probleme sind keine nationalen Probleme. Sie stellen ein europäisches Problem dar, das den ganzen neoliberalen Aufbau der EU in Frage stellt.
Die wirtschaftliche Lage Griechenlands rechtfertigt nicht die propagandistischen Rufe, dass das Land am Rande des "Staatsbankrotts" sei und nicht ohne ausländische Hilfe und/oder den Sparkurs der Regierung überleben könne. Zwar ist die Verschuldung Griechenlands hoch, aber das gilt auch für andere europäische Länder, wie England oder Spanien.
Wir akzeptieren nicht die Behauptung, dass die Stabilität des Euros die tiefgreifenden Sparmaßnahmen erfordert, die von den Regierungen der Länder der Eurozone, der Europäischen Union und internationalen Organisationen, wie der IWF oder die Weltbank, befürwortet werden. Alle diese Maßnahmen begünstigen nur die Interessen des Kapitals, und tragen dazu bei, dass die Arbeitslosigkeit und Armut sich in der EU rasch ausbreiten, während gleichzeitig privaten Banken mit Milliarden Euro durch die nationalen Regierungen und der Europäischen Zentralbank aus der Patsche geholfen wird. Es gibt keine Strategie, um aus der Krise zu kommen, die nicht die reale Wirtschaft stärkt und Arbeitsplätze schafft, und die nicht mehr Gerechtigkeit in der Einkommensverteilung schafft. Die Grundbedingung für den Einsatz öffentlicher Gelder muss die Demokratisierung von Machstrukturen und Eigentum sein.
Die Regierungen Griechenlands und anderer Länder, meist in Südeuropa, werden aufgefordert, Stabilitätsprogramme einzureichen, die Steuererhöhungen, Kürzungen der Löhne und Transferleistungen, sowie die Privatisierung von Rentenversicherungen vorsehen, während die Banken und Großkonzerne besser als je zuvor behandelt werden. Die Profitraten der europäischen Privatbanken haben sich drastisch erhöht, weil es eine große Spannbreite zwischen den Zinsen der Kredite, die sie von der EZB bekommen (ca. 1%), und den Preisen der Staatsanleihen (im Falle Griechenlands 6-7%), die sie sich beschaffen, gibt.
Wir bekämpfen diese neoliberalen Stabilitätsprogramme, die alle Mitgliedstaaten erpressen, und wir fordern eine ernste und tiefgreifende Neugründung der EU, mitsamt ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik. Der Kampf für die Wirtschaftsdemokratie, die Förderung der Solidarität und die Verteidigung der Bürger sollten Priorität für alle politisch Linken und alle sozialen Akteure sein.
Im Gegensatz zu den neoliberalen Programmen schlagen wir fünf Sofortmaßnahmen vor, die Teil unserer gemeinsamen Strategie sein sollten:
- Die Verteidigung der Arbeitsplätze, Löhne und Renten als erstes Ziel aller europäischen Institutionen.
- Versteuerung aller spekulativen Finanztransaktionen und Abschaffung der Steuerparadiese im europäischen Raum.
- Schaffung einer öffentlichen europäischen Rating-Agentur. Private Rating-Agenturen, die spekulativen Interessen dienen, werden dann nicht mehr in der Lage sein, ganze Länder zu erpressen.
- Ausgabe von "Eurobonds". Das wird den Mitgliedsstaaten ermöglichen, Schulden zu angemessenen Zinsen aufzunehmen.
Die Europäische Linke drückt ihre Solidarität mit allen Menschen aus, die unter den Auswirkungen der neoliberalen kapitalistischen Krise zu leiden haben. Diese Krise hat zur Folge, dass die Menschenrechte und Arbeitsbedingungen, insbesondere von Jugendlichen, Frauen und Einwanderern, sich verschlechtern. Die EU sollte sich hauptsächlich mit dem Gemeinwohl der Einwohner Europas beschäftigen, und nicht mit Banken und Großkapital.
Als ersten Schritt dieser gemeinsamen Aktivitäten schlagen wir folgende Maßnahmen vor:
- Die radikalen linken Parteien Südeuropas und die Europäische Linke beschließen gemeinsam ihre Koordination gegen die Auswirkungen der Krise unverzüglich zu intensivieren. Gleichzeitig appellieren sie an alle anderen politischen Kräfte, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und fortschrittlichen Intellektuelle in Europa gemeinsam zu handeln, da die Krise kein nationales, sondern ein europäisches und globales Problem ist.
- Der 24. März wurde schon von der ETUC zum "Europäischen Aktionstag" ausgerufen. Die radikalen linken Parteien Südeuropas und die Europäische Linke werden am Aktionstag aktiv mitarbeiten, indem sie mehrere gemeinsame Aktionen in europäischen Städten, insbesondere in den Hauptstädten Südeuropas, organisieren, und indem sie ihre Forderungen und programmatischen Vorschläge, im Rahmen des EL-Programms, voranbringen.
- Wir schlagen für diese Mobilisierungen die folgende gemeinsame Losung vor: "Die europäischen Völker werden die Krise nicht bezahlen – vereinigen wir uns für ein Europa der Solidarität!"