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Solidarität mit dem Befreiungskampf in der Westsahara
Bericht über die Solidaritätsdelegation der Europäischen Linkspartei in die westsahaurischen Flüchtlingslager in Südalgerien und in die befreiten Gebiete der Westsahara, 28. Oktober bis 1. November 2012
Von Florian Wilde, Mitglied der Internationalen Kommission des Parteivorstandes DIE LINKE
Vom 28. Oktober bis 1. November 2012 reiste eine Solidaritätsdelegation der Europäischen Linkspartei (EL) in die westsahaurischen Flüchtlingslager in Südalgerien und in die befreiten Gebiete der Westsahara, um sich über die aktuelle Situation des von der Weltöffentlichkeit ignorierten Konfliktes in der Westsahara zu informieren und die Beziehungen der EL zur sahaurischen Befreiungsorganisation Frente POLISARIO (Volksfront zur Befreiung von Saguia el Hamra und Río de Oro) zu vertiefen.
Teilnehmer der Delegation waren Maite Mola, Vizepräsidentin der EL und Verantwortliche für internationale Beziehungen der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE), Natassa Theodorakopoulou, Mitglied des Zentralkomitees der griechischen Partei SYNASPISMOS und Mitglied im Vorstand der EL, Meriem Derkaoui, Mitglied im Vorstand der Französischen Kommunistischen Partei (PCF), Dennis O’Brien, Afrika-Verantwortlicher der dänischen Rot-Grünen Einheitsliste, Elvira Hernández, Mitglied der Vereinigten Linken Spaniens (IU) und Florian Wilde als Mitglied im Parteivorstand der Partei DIE LINKE und ihrer Internationalen Kommission.
Die Westsahara ist die letzte Kolonie Afrikas. Nach dem Abzug der spanischen Kolonisatoren 1975 wurde das Land augenblicklich von Marokko und Mauretanien besetzt. Zehntausende Sahauris flohen vor der Gewalt der Besatzer ins benachbarte Algerien. Die in den frühen 70ern gegründete Frente POLISARIO, die bereits gegen die spanischen Kolonialherren gekämpft hatte, setzte den Befreiungskampf gegen die neuen Besatzer fort und konnte 1980 Mauretanien zum Abzug zwingen. Doch gegen das von den USA und europäischen Ländern hochgerüstete Marokko konnte sie - auch wegen der Errichtung des Walles - nicht gewinnen. Dieser trennt bis heute 87% des Landes fast hermetisch von dem durch die POLISARIO befreiten, unwirtlichen Rest ab. 1991 wurde ein bis heute gültiger Waffenstillstand vereinbart. Dessen Grundlage bildete das Versprechen Marokkos, das Ergebnis eines unter Aufsicht der UN durchzuführenden Referendums über die Zukunft des Gebietes zu akzeptieren. Bis heute aber wird dessen Durchführung von Marokko sabotiert. Mindestens eine halbe Million Sahauris leben in dem von Marokko besetzten Gebiet, in dem schwere Menschenrechtsverletungen durch die Besatzer an der Tagesordnung sind. Rund 160.000 weitere Sahauris leben seit nunmehr 37 Jahren in Flüchtlingslagern nahe dem algerischen Tindouf in Mitten der Wüste. Hier ist auch die Exilregierung der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS) ansässig, die von über 80 Ländern - meist ehemaligen Kolonien - anerkannt wird.
Der EL-Solidaritätsdelegation traf sich mit Vertretern des Sahaurischen Gewerkschaftsbundes UGTSARIO, der Frauenunion UNMS, der Jugendorganisation UJSARIO, des Studierendenverbandes UESARIO und wurde durch den Präsidenten der DARS und Generalsekretär der POLISARIO, Mohamed Abdelazziz, empfangen.
Die Delegation besuchte außerdem das sahaurische Exil-Parlament, das Museums des nationalen Befreiungskampfes, Kindergärten, Schulen und Krankenhäusern, sowie Radio- und TV-Stationen.
Außerdem fuhr sie in die befreiten Gebiete der Westsahara bis heran an den "Wall der Schande", ein 2.700 Kilometer langes System aus Mauern, Gräben, Stacheldraht und Mienenfeldern, errichtet zur Verteidigung der von Marokko besetzten Gebiete der Westsahara gegen die Guerillerios der sahaurischen Befreiungsfront POLISARIO und - trotz 21jährigem Waffenstillstand - bis heute von 150.000 Soldaten bewacht.
Die Delegation informierte sich über die humanitäre Situation in den Flüchtlingslagern, die sich seit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008 massiv verschärfte, in deren Folge die internationalen Hilfslieferungen, von denen die Menschen in den Lagern vollständig abhängig sind, um 60% einbrachen.
Die Delegation verurteilt die Unterdrückung und die massiven Menschenrechtsverletzungen in der marokkanisch besetzten Westsahara, das Schweigen der UN-Mission MINURSO gegenüber diesen Menschenrechtsverletzungen, zu Unterstützung Marokkos durch verschiedene westeuropäische Länder bei der illegalen Besiedlung des Gebietes und der illegalen Ausbeutung seiner natürlichen Ressourcen sowie die Versuche Marokkos, den legitimen, demokratisch organisierten und gerechten Freiheitskampf des sahaurischen Volkes unter Führung der Frente POLISARIO zu diskreditieren.
Sie fordert die internationale Gemeinschaft auf, endlich die UN-Resolutionen betreffend des Selbstbestimmungsrechtes des sahaurischen Volkes umzusetzen, das Mandat der MINURSO für eine Überwachung der Menschenrechtssituation einzusetzen, die Region für internationale Beobachter zu öffnen, die Unterstützung der menschenrechtsverletzenden Besatzungspolitik Marokkos und die illegale Ausplünderung der natürlichen Ressourcen der besetzten Gebiete zu beenden und sich für eine Einhaltung der Menschenrechte und die Freilassung der politischen Gefangenen einzusetzen.
Die Delegation soll nur den Auftakt zu einer intensivierten Solidaritätsarbeit der EL mit der Westsahara und der Frente POLISARIO bedeuten. Angedacht ist u.a. eine Frauen-Solidaritätsdelegation der EL in die besetzten Gebiete.
Eine wichtige Gelegenheit auch für die Partei DIE LINKE, ihre Solidarität mit dem Befreiungskampf des sahaurischen Volkes auszudrücken, bildet der 40. Jahrestag der Gründung der Frente POLISARIO am 10. Mai 2013.