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Take your chance, change Europe now!
Rede von Prof. Lothar Bisky, Vorsitzender der Partei der europäischen Linken und Vorsitzender der Partei DIE LINKE auf der Wahlkonferenz der Partei der Europäischen Linken am 29. November 2008 in Berlin, im Kino Babylon
(Auftakt: Filmeinspiel des Finales aus "Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt?", 1932, Regie: Slatan Dudow)
"Das ganze heißt Weltwirtschaft und ist eine Affenschande", sagt der Fahrgast in der U-Bahn. Liebe Freunde, Genossinnen und Genossen, verehrte Gäste, der Film "Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt", aus dem wir soeben, einen kleinen Ausschnitt aus dem Finale gesehen haben, wurde 1932 in Berlin – kurz nach der ersten großen Weltwirtschaftskrise - gedreht. Er endet mit Hanns Eislers Solidaritätslied.
Wir – die Partei der Europäischen Linken – tagen 2008 in einem historischen Kino, an einem historischen Platz, heute mit dem Namen Rosa-Luxemburgs. Wir schauten wenige Minuten eines historischen Films des Bulgaren Slatan Dudow, der mit den Namen Bert Brecht und Ernst Busch, mit der Schauspielerin Herta Thiele eng verbunden ist.
Doch diese ferne Vergangenheit kurz nach der Weltwirtschaftskrise vor 80 Jahren – ist in diesen Tagen sehr aktuell.
Das Ende der Lehman-Bank hat eines bewirkt. Der Offenbarungseid neoliberaler Mythen kam endlich auch bei Regierungschefs, selbst bei den deutschen, bei Wirtschaftsmanagern, Konzernchefs, und Bankleuten an. Seit wenigen Wochen sind all jene verstummt, die eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, Klimawandel und Rohstoffkriege allein mit dem radikalen Markt gesund beten wollen. Die Finanzmarktkrise ist eine weltweite Wirtschafts- und Gesellschaftskrise.
Ich begrüße Euch zur Wahlkonferenz der Europäischen Linken und wünsche uns, dass wir verantwortungsvoll, streitbar und mit klaren Worten, hier an diesem Wochenende, den Aufschwung linker Politik in Europa voranbringen.
Das ist – inmitten einer Gesellschaftskrise – kein Selbstläufer. Soviel wissen wir längst aus der Geschichte.
Was Berlin nach 1932 kennenlernte, war das Ende von Demokratie und Menschlichkeit. Faschismus und die Spirale eines entsetzlichen und sinnlosen Krieges zeigten, dass eine instabile Gesellschaft die Chancen auf ein besseres Leben täglich verspielt. Die Instabilität einer Gesellschaft, in der die Lebensgrundlagen vieler bedroht sind, ruft heute wiederum rechtsextreme Demagogen auf den Plan. Gerade auch, weil herrschende Politik versagt, für immer mehr Menschen keine Zukunftschancen aufzeigt.
Deshalb, liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde und werte Gäste, deshalb werden wir im Wahlkampfjahr 2009 überall deutlich machen: Die Europäische Linke wird in ihrem Kampf gegen rechtsextreme Ideologien, gegen rechtspopulistische Vereinfachungen gegen Neofaschisten, Antisemiten und Rassisten nicht nachlassen.
Wir sind dem internationalen Erbe solidarischer Gesellschaftsbewegungen verpflichtet. Dies ist eine unserer historischen Wurzeln und programmatisches Selbstverständnis.
Genossinnen und Genossen, linke Politik in Europa ist heute wieder gefragt und mehr denn je notwendig - in den für viele nicht abschätzbaren Krisenzeiten. Auf eine globale Finanz-, Wirtschafts-, Gesellschaftskrise gibt es nur komplexe Antworten. Wir als Europäische Linke formulieren deshalb in der Wahlplattform: Diese Krise erfordert eine koordinierte Antwort auf internationaler und europäischer Ebene. Eines ist dabei klar: Analytisch steht die Linke nicht am Anfang.
Ich gestatte mir, zum Auftakt unserer Wahlkonferenz aus einem Buch zu zitieren, welches im vorigen Jahr sein 140jähriges Erscheinen feiern konnte. Darin kann man Folgendes nachlesen, ich zitiere: "Man erinnert sich: das Jahr 1857 brachte eine der großen Krisen, womit der industrielle Zyklus jedesmal abschließt. Der nächste Termin wurde 1866 fällig. Bereits diskontiert in den eigentlichen Fabrikdistrikten durch die Baumwollnot, welche viel Kapital aus der gewohnten Anlagesphäre zu den großen Zentralsitzen des Geldmarkts jagte, nahm die Krise diesmal einen vorwiegend finanziellen Charakter an. Ihr Ausbruch im Mai 1866 wurde signalisiert durch den Fall einer Londoner Riesenbank, dem der Zusammensturz zahlloser finanzieller Schwindelgesellschaften auf dem Fuß nachfolgte." Ich bin immer noch im Zitat. "Einer der großen Londoner Geschäftszweige, welche die Katastrophe traf, war der eiserne Schiffsbau. Die Magnaten dieses Geschäfts hatten während der Schwindelzeit nicht nur maßlos überproduziert, sondern zudem enorme Lieferungskontrakte übernommen, auf die Spekulation hin, dass die Kreditquelle gleich reichlich fortfließen werde. Jetzt trat eine furchtbare Reaktion ein, die auch in andren Londoner Industrien bis zur Stunde, Ende März 1867, fortdauert."
Liebe Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer, ich habe aus dem Kapital von Karl Marx, Band I., zitiert, aus dem 23. Kapitel, in dem es um die Kapitalakkumulation und speziell um die Wirkung von Krisen auf die Arbeiteraristokratie geht. (dt. Ausgabe - S. 697f.)
Ich habe es eingangs schon betont - und dies gilt auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts: Auf eine Finanz-, Wirtschafts- und Gesellschaftskrise gibt es nur komplexe Antworten. Das bedeutet allerdings nicht, dass man diese Antworten nicht klar und eindeutig formulieren muss. Und man könnte durchaus im Kapital gleich dort weiterlesen, wo mein Zitat geendet hat. Dort stieße man erneut auf etwas, was uns gleichsam bekannt vorkommt. Schon vor 150 Jahren galt Belgien als ein Musterland des freien Marktes, indem keine Gewerkschaften und Fabrikgesetze die Ausbeutung störten. Was Marx dann in diesem Kapitel beschreibt, ist etwas, was man heute "working poor" – arm trotz Arbeit, kurz als verdeckte Armut beschreiben würde. Heute sprechen viele vom Prekariat. Sinnlicher trifft es eine Formulierung wie die "600-Euro-Generation". Doch hinter diesen Worten stecken unklare Lebensplanungen, Perspektivlosigkeit, ja oft auch Entsolidarisierung und Ausgrenzung. Es ist Zeit, die vielen Menschen in unsicheren Lebenslagen zu ermutigen, gemeinsam gegen diese Perspektivlosigkeit zu kämpfen. Die Welt gehört nicht den Renditejägern, den Bankmanagern, den Lohndrückern. Sie muss nicht bleiben, wie sie ist.
Eines ist doch klar: Die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte, Leiharbeit, befristete Verträge, Niedriglohn - all diese modernen Formen der Lohndrückerei verstärken die Wirtschaftskrise und verhindern ihre Eindämmung und Überwindung.
Deutschland spielt hier in der EU, in Europa die traurige Rolle einer Lokomotive, die die Rutschbahn in die Armut geöffnet hat wie Schleusen. Es sind insbesondere viele Migrantinnen und Migranten, die erleben, wie die diskriminierende Reduktion des Menschen auf einen Kostenfaktor oder seine ökonomische Verwertbarkeit, Formen moderner Sklaverei, angenommen haben. Und zugleich werden sie öffentlich als diejenigen dargestellt, die allen anderen, ebenso von unsicheren Lebensbedingungen, von Arbeitslosigkeit, von Armut und Ausgrenzung, hierzulande – wie anderswo - die Perspektiven stehlen würden. Daraus entstehen moderne Spiralen der Unmenschlichkeit – wie der Sommer 2008 es z.B. in Italien zeigte. Dagegen macht die Linke konsequent Politik.
Liebe Freunde, jetzt – in der Krise – erschallt zwar auch der Ruf nach Transparenz und Kontrolle der Finanzmärkte, doch der gesetzliche Mindestlohn ist hier in Deutschland weiterhin kein Thema. Einkommen und Vermögen entwickeln sich auf diese Weise immer weiter auseinander. Das ist nicht nur eine Politik der Ungerechtigkeit, es ist volkswirtschaftlicher Unsinn, wenn der Binnenmarkt weiter destabilisiert wird.
Am Ende des Films "Kuhle Wampe", aus dem wir eingangs den kurzen Ausschnitt sahen, steht eine einfache Antwort auf die Fragen "Wer sind Wir? Wer verändert die Welt? Die, denen sie nicht gefällt." Es sind diejenigen, die Kritik an Profitgier, Aufrüstung und Entsolidarisierung äußern. Die, die sich dafür einsetzen, dass der soziale Zusammenhalt unserer Gesellschaften, demokratische Mitbestimmung und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, einen festen Grundrahmen für dauerhafte gesellschaftliche Innovationen bilden. Unsere Welt hat Innovationen bitter nötig. Nur mit einer tatsächlichen Re-Regulierung der Wirtschaft, einer demokratischen Kontrolle der weltweiten Finanzmärkte, des Trockenlegens der Steuerparadiese und einer Überwindung des spekulativen Casino-kapitalismus lösen wir die ökologischen Herausforderungen dauerhaft. Nur mit einer gerechten Verteilung der Produktivitätsgewinne gelingt es, den Existenzkämpfen um Wasser und Nahrung, den Boden zu entziehen. Nur mit einer staatlichen und gesellschaftlichen Verantwortung für soziale Sicherheit, für Bildung und kulturellen Austausch wird es uns gelingen eine friedliche Zukunft zu gestalten. Nur mit der demokratischen Beteiligung aller, einschließlich der Verfügungsgewalt der Beschäftigten in Unternehmen, ihrer Mitsprache bei der Ausrichtung von Investitionen werden sozial und ökologisch vernünftige, weil nachhaltige, Wege des Funktionierens unserer Volkswirtschaften möglich sein.
Liebe Anwesende, die Weltwirtschafts- und Gesellschaftskrise ist auch in Europa die Stunde der Politik. Die europäischen Krisenmanagerinnen und -manager haben die Bühne betreten. Sakorzy und Merkel, Brown, Berlusconi und andere haben zwar den Binnenmarkt entdeckt, es ist diesmal nicht der eiserne Schiffsbau, sondern die Automobilindustrie doch eines ist mit allen Konjunkturprogrammen –wie sie bei den G20 diskutiert wurden – noch nicht auf der politischen Agenda. Die Krisenbewältigung darf keine neue Runde der Umverteilung von unten nach oben eröffnen! Die Linke ist gefragt, wenn es um weitreichende Investitionsprogramme geht: Diese Antworten werden wir mit unserer Wahlplattform diskutieren: Soziale Sicherheit, Mindestlohn, Investition in Arbeitsplätze, die den sozial-ökologischen Umbau fördern und den dramatischen Umweltherausforderungen gerecht werden könnten und endlich mehr Bildung und weniger Waffen – das sind die Markenzeichen von nachhaltigen Investitionen!
Es gibt weltweit viel Hoffnung in den Regierungswechsel in den USA. Das ist verständlich und berechtigt nach der verheerenden Bilanz von zwei Amtszeiten des George W. Bush. Doch wir erwarten keine Wunder. Wir erwarten Taten, die deutliche Schritte hin zu mehr Partnerschaft statt Unilateralismus zeigen. Die transatlantischen Beziehungen brauchen eine andere politische Grundlage. Viel zu oft noch - bis zur Minute – sind sie vom Duktus der Ausdehnung der hegemonial ausgerichteten US-amerikanischen Politik auf Europa bestimmt. Die Europäische Linke ist hierzu auch im Dialog mit US-amerikanischen Linken. Neue Beziehungen, eine multilaterale USA sind für uns konkret: Wir brauchen keine amerikanischen Raketenschilde in Europa, keine Waffenarsenale, die nur Vernichtung statt Entwicklung in sich tragen. Hier ist die europäische Linke konsequent. Wir wollen ein friedliches Europa, einen Kontinent, der in der Welt als Partner in der Konfliktlösung, im friedlichen Aufbau, im technologischen und kulturellen Austausch akzeptiert ist. Dafür wollen wir eine weltweit neue partnerschaftliche Zusammenarbeit, eine internationale Handelspolitik, die die Verwerfungen aus den heutigen Krisen überwindet. Die Europäische Linke steht für enge Zusammenarbeit und kritisch-konstruktive Solidarität mit allen alternativ denkenden und praktische politische Schritte gehenden Kräften, so in den Andenländern Venezuela, Bolivien und Ekuador, in Brasilien und Paraguay, in Kuba, in Südafrika wie in Vietnam.
Liebe Freundinnen und Freunde, vor dem Wahljahr 2009 zeigt sich, dass unser NEIN zum Vertrag von Lissabon von unseren pro-europäischen Hoffnungen getragen ist. Es hat keinen Sinn, die EU- Politik auf den Grundlagen jener gescheiterten neoliberalen Ideologie fortzuführen: Weder Aufrüstung, noch Marktradikalität, weder die Abwesenheit eines sozialen Europas noch das Demokratiedefizit weisen auch nur einen Millimeter aus der derzeitigen Krise! Deshalb haben wir NEIN zum Vertrag und JA zur europäischen Integration, JA zu den Lehren aus der Geschichte Europas gesagt. Wir wissen: Europa ist mehr als die EU. Wir wollen, dass die Menschen aufeinander zu gehen, ihre Zukunft selbst in die Hände nehmen. Deshalb wollen wir – in einer starken, gemeinsamen Fraktion der Linken – in der EU politisch mitbestimmen, wollen wir zu einem besseren Europa beitragen. Wir – die Mitglieder der Partei der Europäischen Linken – wollen die Stimme eines sozialen und demokratischen Europas, die Erfahrungen friedlicher Entwicklung und ökologische Verantwortung einbringen.
Die Partei der Europäischen Linken hat über 400.000 Mitglieder. Das ist ein großes Potential an Ideen, an politischen Erfahrungen und Durchsetzungskraft.
Um dies erfolgreich einzusetzen, sind wir gehalten, unsere Gemeinsamkeiten in den Vordergrund zu stellen. Und ich möchte hinzufügen: Wir haben viele interessante Differenzen bei der Erarbeitung der Wahlplattform diskutiert. Das liegt uns Linken und kann ja auch Vergnügen bereiten. Die Partei der Europäischen Linken ist jedoch kein Selbstzweck. Und - sind wir ehrlich: Papier ist geduldig, wenn wir nicht handeln. Mit einem gemeinsamen einladenden Text allein, verändern wir nicht die Welt. Doch eine gemeinsame Wahlplattform ist - und darin sehe ich den Sinn unserer Konferenz - unser gemeinsames Versprechen, einen energischen Wahlkampf zu führen. Wir übernehmen mit diesem Wochenende die Aufgabe, dass die Linke als Adresse für Frieden, soziale Gerechtigkeit, Demokratie, Ökologie und Solidarität europaweit anerkannt wird. Dafür brauchen wir die gewerkschaftliche und wirtschaftspolitische Kompetenz aus unseren Netzwerken. Dafür brauchen wir ein Verständnis für kulturelle Traditionen und moderne Kulturtechniken. Heute sind die Produktion, der Austausch und der Zugang zu Informationen eine entscheidende Produktivkraft. Wir sind angewiesen auf die Erfahrungen des EL-fem, unseres feministischen Netzwerkes, denn Billiglohn, gesellschaftliche Diskriminierung, Armut und Gewalterfahrung, sind mehrheitlich Erfahrungen von Frauen. Ich sage hier ganz bewusst und bereitwillig: Wir müssen von ihrer Sicht auf Gesellschaft, von ihrer Widerständigkeit lernen. Das gilt in der Politik und das gilt im Alltag.
Liebe Genossinnen und Genossen, werte Gäste, die Europa-Wahlen 2009 stehen auch im Kontext der UN-Weltklima-Konferenz:
Es geht um die Verantwortung der Staaten und der EU, die Selbstverpflichtungen aus der EU-Nachhaltigkeitsstrategie auch umzusetzen. Die realen Entwicklungen innerhalb und außerhalb der EU setzen die Probleme der nachhaltigen Entwicklung immer dringlicher auf die Tagesordnung. Die Europäische Linke steht für den Umbau der heute praktizierten Wirtschaftsweise auf der Grundlage strikter Nachhaltigkeit – sozial und ökologisch. Das wird zweifellos ganzheitliche Veränderungen der Agrar-, Handels-, Energie-, Verkehrs- und Industriepolitik... erfordern. Aber darunter wird es nicht zu machen sein. Und die EL will und wird sich dieser Herausforderung stellen. So wie in unserer Wahlplattform bekräftigt: Soziales und Ökologisches gehört im 21. Jahrhundert – auch unter dem Blickwinkel der Weiterentwicklung der Produktivkräfte im Hochtechnologie-Zeitalter – untrennbar zusammen.
Genossinnen und Genossen, verehrte Gäste, liebe Freunde, von der Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach stammt der Satz: "Frieden kannst du nur haben, wenn du ihn gibst." Heute ist der Internationale Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Und deshalb auch von dieser Stelle aus, von Berlin, dem Ort der Wannsee-Konferenz und der Pläne für den fürchterlichsten aller Kriege, dem Symbol der Grenzen im Kalten Krieg und des Mauerfalls, als Zeichen der Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben der Menschen: Europa hat eine enorme Verantwortung für die friedliche Konfliktlösung im Nahen Osten und weltweit. Ein soziales Europa, ein demokratisches Europa, ein Europa der Energiesicherheit und der Erhaltung der Zukunftsfähigkeit unseres Planeten für kommende Generationen, ein Europa der Weltoffenheit und der Bereitschaft zum Dialog der Kulturen – alles, was wir mit unserer Wahlplattform an linken Ideen in den Wahlkampf tragen – geht von einer Prämisse aus: Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.
Deshalb sage ich es hier noch einmal ganz deutlich: Im Lissaboner Vertrag ist im Art. 42, Absatz 3 die Verpflichtung der Mitgliedstaaten auf eine schrittweise Verbesserung ihrer militärischen Fähigkeiten festgehalten. Das ist ein Gebot zur ständigen Aufrüstung. Es ist die Frage erlaubt: Wer bedroht eigentlich Europa? Wer braucht eine militärisch ausgerichtete "höhere innere und äußere Handlungsfähigkeit" der EU und ihrer Mitgliedstaaten?
Wir brauchen in Europa mehr Abrüstung. Wir brauchen Konversionsstrategien, die heute und morgen politisch erarbeitet und realisiert werden müssen. Auch die Umstellung der militärischen auf zivile Produktion erfordert viel Geld: dahin müssen wir die ständig steigenden Rüstungsausgaben konsequent umleiten. Die Linke steht dafür: Keine parlamentarische Debatte mehr in den nationalen wie im Europäischen Parlament, wo dies nicht thematisiert wird. Wir brauchen keinen Rüstungsexport, erst recht nicht in Krisengebiete dieser Welt. Für wie dumm halten uns eigentlich Herr Solana und die Herren und Damen Verteidigungs- und WirtschaftsministerInnen in den EU-Staaten? Wir fordern: Raus mit den Truppen aus dem Irak! Raus mit den Truppen aus Afghanistan. Battle-Groups und Verteidigungsagenturen sind überflüssig. Sie taugen weder zur Terrorismusbekämpfung, noch sind weltweite Militärinterventionen ein Weg, Frieden zu erhalten oder herzustellen. Aufrüstung ist das falsche Signal. Deshalb: Weg mit Atomwaffen! Weg mit allen Massenvernichtungswaffen! Trotz Ottawa werden noch immer Minen produziert, zum Einsatz gebracht und zerstören Lebensperspektiven.
Auch das werden wir in der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise nicht nur klar benennen, sondern sind bereit, dies auch zu verändern. Um die Probleme der Europäischen Union und die globalen Probleme zu lösen, brauchen wir politische Mittel. Wir wollen keine völkerrechtswidrigen Kriege. Wir wollen friedliche Lösungen politischer und sozialer Konflikte. Das heißt, wir wollen ein vertraglich zu verankerndes Verbot von Angriffskriegen, eine strikte Bindung aller EU-Außen- und Sicherheitspolitik an die UN-Charta und die Einhaltung der international anerkannten Völkerrechtsnormen. Damit beginnt moderne europäische Verfasstheit. Wenige Tage vorm 60. Jahrestag der UN-Menschenrechtsdeklarationen – am 10. Dezember – möchte ich auch thematisieren, dass die Untrennbarkeit von politischen und sozialen Rechten weltweit entfernt ist, heute verwirklicht zu werden. In diesem Sinne hat
Frieden für uns Linke absolute Priorität.
Liebe Freunde, wenn wir heute unsere erste gemeinsame europäische Wahlplattform verabschieden, wenn wir sie in unseren Ländern diskutieren und mit unseren regionalen Wahlkämpfen und Europawahlprogrammen verknüpfen,
so sollten wir öffentlich für unseren Ansatz werben: Mehr Europa mit den hier lebenden Menschen, für gemeinsame Bildungs-, Gesundheits- und Umweltstandards in der Europäischen Union! Diskutiert unsere alternative Politik mit Gewerkschaften, sozialen Initiativen, Umweltaktivistinnen und -aktivisten, Friedens- und Demokratie-Bewegten, NGO’s, WissenschaftlerInnen und mit Kunstschaffenden. Die europäische Wahlplattform muss unser Ausgangspunkt, unser gemeinsames Versprechen, für erfolgreiche Wahlkämpfe zum Europäischen Parlament sein - nicht mehr und nicht weniger. Dieses Signal kann und soll die Partei der Europäischen Linken an diesem Wochenende hier in Berlin setzen.
In Eislers Solidaritätslied heißt es: "Vorwärts und nicht vergessen…die Solidarität"!
Deshalb: Leftists of Europe. Take your chance, change Europe now!