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Wahlen in Indien
Dr. Michael Schied, Mitglied des AK Asien in der BAG Frieden und internationale Politik, beleuchtet die Situation in Indien im Vorfeld der Parlamentswahlen
In Indien finden ab dem 16. April 2009 Wahlen zum Unterhaus statt. Auch der Ausgang dieser Wahlen, deren Auszählung der Stimmen am 16. Mai erfolgt, wird mit Spannung erwartet. In den vorhergehenden Wahlen von 2004 hatte sich der Indische Nationalkongress erst mit einer von ihr geführten Koalition, United Progressive Alliance (UPA), an die Macht zurückmelden können. Die UPA wurde dabei auch bis zum Sommer letzten Jahres von den Parteien der Linksfront mit ihren 56 Sitzen im Unterhaus unterstützt, um eine nochmalige von der BJP geführte Regierung (1998-2004) zu verhindern. Nun wird sich zeigen, welche Machtkonstellation zwischen Kongress, BJP oder dritten Kräften, die von den Linksparteien favorisiert wird, sich als überlebensfähig erweisen kann.
Nichtsdestotrotz soll kurz darauf hingewiesen werden, dass in Indien bzw. Südasien Wahlen eine von Europa abgeänderte Funktion und Bedeutung haben. Sie stellen hier weniger eine Auseinandersetzung um bestimmte politische Maßnahmen und ideologische Richtungen als vielmehr einen Schauplatz für den Nationalismus bzw. Regionalismus dar. Dies ist der Fall, da die nationalen Ideen in allen südasiatischen Staaten schwach sind und sich somit noch durchzusetzen haben. Rückschläge und gewalttätige Konflikte sind, wie auch derzeit in Pakistan, Bangladesh und Sri Lanka zu beobachten, in diesem Prozess eingeschlossen.
Der Ausgang dieser Wahlen ist schwer vorherzusagen, denn der Kongress konnte erst durch einen langen konfliktreichen Prozess von der Machtausübung im Zentrum 1996 erfolgreich verdrängt werden. Daran hatte alle zu ihm in Opposition stehenden Kräfte, wie auch die Linksparteien, Anteil. Dies ermöglichte schließlich die Bildung einer von der Hindunationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP) geführten Regierung 1998. Diese Erfahrung möchte die BJP und die von ihr geführte National Democratic Alliance (NDA) nun wiederholen. Im Sinne der Entwicklung des Landes in Breite und Tiefe ist diese Variante jedoch als die schlechteste zu werten. Die BJP stand hinter der Zerstörung der Babri-Moschee von Ayodhya im Jahre 1992, Angriffen auf Muslime und andere Minderheiten, den Nukleartests 1998 und Einschnitten in einer Reihe von Bürgerrechten. Daher betrachten die Kommunistischen Parteien die BJP als den "Feind Nr. 1" (Bardhan, Generalsekretär der KPI).
Für den Ausgang der Wahlen gibt es derzeit keine sichtbare Tendenz. Momentan erscheint nur die BJP schwächer, da langjährige Partner von ihr zum anderen Lager gewechselt sind. Eine nochmalige Kongressregierung wäre vorzuziehen und könnte das Land stabiler gestalten. Zu wünschen wäre es, wenn der Kongress als Partei eines Mahatma Gandhis und Jawarharlal Nehrus sich dann weniger anfällig für Korruption zeigen könnte und sich mit den Belangen der einfachen Menschen näher verbunden fühlen würde. Die Möglichkeit der dritten Option, einer von mehreren regionalen und linken Parteien, wie der KPI und KPI-M, getragenen Regierung, wird in letzter Zeit wieder verstärkt in Erwägung gezogen. Es wird sich dann zu zeigen haben, inwieweit diese Regierung ihre Ziele umsetzen und wie sie die unterschiedlichen Interessen der sie tragenden politischen Kräfte für die nationale Entwicklung nutzbar machen bzw. harmonisieren kann. Wie die Jahre 1989 und 1998 gezeigt hatten, war eine solche Konstellation für Neu Delhi kaum lebensfähig. Ihre Kräfte konnten nur ein geringes nationales Interesse mobilisieren und paralysierten somit die Machtausübung. Möglicherweise wird es den Linksparteien nicht erspart bleiben, wieder eine vom Kongress geführte Regierung zu unterstützen. Wie auch immer, es wird nicht damit gerechnet, dass eine alleinige Kraft die Mehrheit von 272 Sitzen auf Anhieb erreichen wird. Somit wird Indiens Politik auch nach Auszählung der Ergebnisse am 16. Mai interessant bleiben.
Die Wahlen, die an fünf Tagen ab dem 16. April stattfinden, können via Internet gut von Deutschland aus verfolgt werden.
Das indische CNN http://ibnlive.in.com/videos/video_streaming.php sowie eine weiterer privater Nachrichtensender http://www.ndtv.com sind im live stream kostenlos und gut zu empfangen. Eine interessante Webseite ist: http://indianelections09.umbc.edu/analysis/. Auch die Englisch-sprachigen indischen Zeitungen sind zu empfehlen, so z. B. http://www.hindustantimes.com/Homepage/Homepage.aspx und http://www.hinduonnet.com/.
Die Links zu den Seiten der Parteien sind weniger ergiebig, jedoch ebenfalls zu nutzen. Seite der KPI-Marxistisch: http://cpim.org/ (wobei die Seite des Organs der KPI-M, People’s Democracy, für aktuelle Einschätzungen noch umfangreicher ist: http://pd.cpim.org/). Seite der KPI: http://www.cpindia.org/ ; Seite der Kongresspartei: http://www.congress.org.in/ und http://www.congressmedia.net/home und das Magazin der Kongresspartei http://www.congresssandesh.com/.
Die LINKE. führt mit beiden Kommunistischen Parteien als auch der Kongresspartei Kontakte.