Köln: Überreaktion gegenüber Flüchtlingen - Zurückweichen vor rechten Gewalttätern
Mit einem Großaufgebot überfiel die Polizei aus Köln und NRW um 6 Uhr morgens die Flüchtlingsunterkunft in der Herkulesstrasse in Köln-Ehrenfeld. Dabei waren mehr Polizeibeamte im Einsatz als auf der Demonstration „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) vom 26. Oktober. Damals wurden 1.300 Beamte gegen 4.800 Hooligans, von denen viele als „Gewalttäter Sport“ bei der Polizei registriert waren, eingesetzt. Im Flüchtlingswohnheim dagegen leben 640 Flüchtlinge, mindestens 300 davon sind Kinder und Jugendliche. Der Kölner Polizeipräsident Albers war selbst vor Ort. Gegen 9 Uhr traf der Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Jörg Detjen ein, um sich persönlich ein Bild des Einsatzes zu machen.
Jörg Detjen berichtet: „Schwarz gekleidete Polizisten umstellten die Gebäude und drangen in die Zimmer ein. Insgesamt sollen vier Intensivtäter gefasst worden sein. Menschen, die vor kurzen noch auf der Flucht waren, wurden mit einem massiven Polizeiaufgebot konfrontiert. Bei den vielen unschuldigen Flüchtlingen und Kindern und Jugendlichen wird eine Retraumatisierung anscheinend in Kauf genommen und das Kindeswohl vernachlässigt. Unvorstellbar, dass den Verantwortlichen hier die Hemmschwelle fehlt.“
Der Einsatz ist anscheinend Teil einer NRW-weiten Razzia, die Innenminister Jäger angeordnet hat. Die Polizeitaktik anlässlich der rechtsradikalen Hooligan-Demonstration hat er dagegen gestern in der öffentlichen Sitzung des Landtages weiter verteidigt. Er hat weder die Frage eines möglichen Verbotes oder beschränkender Verfügungen kritisch beleuchtet, noch ist der Frage, ob ausreichend Polizeikräfte eingesetzt waren, nachgegangen. Und auch die Polizei hat gestern im Kölner Polizeibeirat weiter gemauert und nur die auch bisher öffentlich bekannten Fakten genannt.
Jörg Detjen zieht daraus den Schluss: „Anscheinend hat sich seit dem Versagen der Staatsorgane gegenüber den NSU-Verbrechen nichts geändert. Migranten und Flüchtlinge werden mit unverhältnismäßigen Mitteln verfolgt, Rechtsextreme dürfen beinahe ungestraft Menschen einschüchtern und verletzen. Schon allein die Zahl der eingesetzten Beamten spricht Bände. Polizei und Innenminister wollen von eigenen Fehlern nichts wissen und stellen sich nicht der Diskussion. Das ist kein gutes Zeichen für den kürzlich beschlossenen NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag. Das darf sich die Stadtgesellschaft und auch der Rat nicht gefallen lassen.“