Trinkwasser ist Menschenrecht
Auf Antrag eines Vermieters und ohne Überprüfung der konkreten Situation haben die Stadtwerke Pirmasens den Wasserzähler eines Mehrfamilienhauses ausgebaut und damit die Versorgung mit Trinkwasser gesperrt. Die Menschen im Haus mussten drei Wochen ohne Wasserversorgung auskommen und Trinkwasser mit Kanistern herbei schleppen, um die wichtigsten Dinge wie Trinken, Körperhygiene und Toilettenspülung notdürftig verrichten zu können. Erst auf gerichtliche Anordnung wurde die Wasserversorgung wieder hergestellt.
Dazu erklärt der Vorsitzende der LINKEN Pirmasens, Frank Eschrich: „Den Stadtwerken war bekannt, dass es sich bei dem Mehrfamilienhaus nicht um einen Leerstand handelte. Der Sperrdienst wurde beim Ausbau des Wasserzählers von Mietern darauf angesprochen, dass das Haus bewohnt ist. Trotzdem wurde die Trinkwasserzufuhr abgestellt. Das ist ein rücksichtsloses und unmenschliches Verhalten, das durch nichts zu rechtfertigen und zu entschuldigen ist. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen vermeintlichen Mietrückständen und dem Energie- und Wasserversorgungsauftrag der Stadtwerke. Die Stadtwerke vermieten keine Wohnungen und sind nicht Gläubiger von Mietern. Mietschulden, falls es sie im konkreten Fall überhaupt gibt, gehen die Stadtwerke schlicht und ergreifend nichts an und begründen daher auch kein Recht, die Trinkwasserversorgung durch Zählerausbau zu sperren. Im vorliegenden Fall haben sich die Stadtwerke ohne Rechtsgrundlage faktisch als Inkassobüro eines Vermieters betätigt. Zumal nicht einmal klar ist, ob überhaupt Mietschulden vorliegen. Aus der Schilderung der betroffenen Frau geht eindeutig hervor, dass die Nebenkosten wie das Wassergeld direkt vom Jobcenter an den Vermieter überwiesen wurden. Dies trifft in aller Regel auf alle Kosten der Unterkunft zu, also auch auf die Monatsmiete. Wenn von Hausbesitzern der Ausbau von Wasserzählern beantragt wird, dann normalerweise weil das Haus leer steht oder Reparaturen durchgeführt werden müssen. Dies sollte von den Stadtwerken auch überprüft werden, bevor fahrlässig Menschen in Gefahr gebracht werden. Dass trotz Kenntnis der tatsächlichen Situation die Stadtwerke erst durch einen Gerichtsbeschluss gezwungen werden mussten, die Wasserversorgung wieder herzustellen, setzt diesem skandalösen Vorgang die Krone auf.
Die Versorgung mit Trinkwasser ist ein Menschenrecht und wurde durch Resolution 64/292 in den UN-Sozialpakt übernommen. Die Bundesrepublik hat dies als Unterzeichner des UN-Sozialpaktes seit 2011 in praktisches Recht umzusetzen, kommt dem aber im Gegensatz zu Frankreich nicht nach. Dies war Gegenstand unserer Resolution in der Stadtratssitzung vom Juni, die als Appell an die Stadtwerke gerichtet werden sollte, auf Trinkwassersperren trotz des noch fehlenden gesetzlichen Verbots zu verzichten. Es spielt keine Rolle, ob Trinkwassersperren wegen Zahlungsrückständen oder aus anderen Gründen vollzogen werden. Sie sind in ihrer Logik mittelalterliche Brachialmethoden und mit der Menschenwürde und dem Rechtsstaat unvereinbar. Der Stadtrat Pirmasens konnte sich dieser Meinung nicht anschließen und hat mit der Ablehnung der Resolution zum Ausdruck gebracht, dass ihn die Einhaltung von Menschenrechten in Pirmasens nicht interessieren."