Wirkung des neuen kommunalen Finanzwesens für den Ilm-Kreis ist umstritten
„Das Prinzip Hoffnung bestimmt die Diskussionen zur Einführung des neuen kommunalen Finanzwesens im Ilm-Kreis“, meint das Kreistagsmitglied der LINKEN, Frank Kuschel. Der Landrat beabsichtigt, im Ilm-Kreis möglichst schnell die so genannte „Doppik“ als neue Haushaltssystematik einzuführen.
Dieses System kommt aus der privaten Wirtschaft. Demnach soll die Finanz- und Haushaltswirtschaft einer Kommune ähnlich organisiert werden wie bei einem Unternehmen oder einem Konzern. Ziel der Doppik ist es, alle Leistungen einer Kommune als Produkte zu erfassen und zudem auch das Vermögen, also beispielsweise die Gebäude und Straßen, bei der Haushaltsaufstellung zu berücksichtigen. Die Kostentransparenz und Effizienz des Verwaltungshandelns sollen sich erhöhen. „Die vorliegenden Erfahrungen aus den anderen Bundesländern, die bereits seit längerer Zeit die Doppik anwenden, zeigen, dass sich diese Erwartungen nicht einmal ansatzweise erfüllt haben“, informiert der Politiker der LINKEN.
Hinzu kommt, dass in Thüringen die gesetzlichen Grundlagen für die Doppik durch den Landtag noch nicht beschlossen wurden. Zurzeit läuft im Landtag das Gesetzgebungsverfahren. Eine ganze Reihe von Fragen ist dabei noch offen. So muss geklärt werden, wer dem Landkreis die finanziellen Mittel für die Vermögensbewirtschaftung erstattet. Bleibt dies ungeklärt, müsste zwangsläufig die Kreisumlage weiter steigen. In dem Fall müssten die Gemeinden und Städte einen noch höheren Betrag an den Kreis abführen. Dabei hat der Ilm-Kreis bereits jetzt eine der höchsten Kreisumlagen in Thüringen.
Klar ist, dass durch das neue Finanzwesen den Gemeinden, Städten und Landkreisen nicht mehr Geld zur Verfügung steht. Es ist zu befürchten, dass der Druck auf die Privatisierung zunimmt. Dies ist von den Befürwortern der Doppik wohl auch gewollt.
Was der Landrat offenbar auch unterschätzt, ist, dass die Umstellung von der Kameralistik zur Doppik mit unkalkulierbaren finanziellen Risiken verbunden ist. Die Einführungskosten für den Landkreis beziffert Dr. Kaufhold bisher mit 507.000 EUR. Auch hier belegen die Erfahrungen aus den anderen Bundesländern, dass dies zu niedrig kalkuliert ist.
Die Eile des Landrates in dieser Frage ist kaum zu verstehen. Nach bisherigem Diskussionsstand können die Kommunen in Thüringen selbst entscheiden, ob sie zum neuen Finanzwesen übergehen. Die CDU-Landesregierung will keine Pflicht zur Einführung der Doppik in Thüringen. Auch sie hat erkannt, dass dieses Haushaltssystem nicht so wirksam ist wie ursprünglich erhofft.
Über die Doppik kann man durchaus reden, jedoch erst, wenn klar ist, welche gesetzlichen Vorgaben und welche Kreisstrukturen es künftig in Thüringen geben wird. Der Landkreis hat andere Sorgen als die Einführung der Doppik, die eher etwas für Finanzexperten ist, nicht aber mehr Klarheit beim Bürger schafft. Dort, wo bereits jetzt eine Bewertung des Kreisvermögens notwendig ist, um z. B. Gebühren zu kalkulieren, kann dies auch im Rahmen der heutigen Kameralistik erfolgen. „Ein Landratsamt, organisiert als Konzern, bei der selbst die Beratung eines Sozialgeldempfängers als Produkt definiert wird, ist wahrlich keine anstrebenswerte Vision“, so Frank Kuschel abschließend.